Yoga und Bodybuilding haben im ersten Moment vermutlich soviel gemeinsam, wie ein Veganer Restaurant und ein Steakhouse.
Auf den zweiten Blick denkt man vielleicht an Sport. Beides sind Sportarten.

Ein echter Bodybuilder oder Yogi sieht das jedoch anders. Yoga oder Bodybuilding sind für sie mehr als ein Sport. Es ist ein Lebensstil, eine Weltanschauung und eine Leidenschaft. Insofern haben wir hier wieder eine Gemeinsamkeit gefunden.

Was uns heute jedoch interessieren soll, ist die Gemeinsamkeit auf der Behandlungsliege. Genauer gesagt, die Probleme des Bewegungsapparates.

Gemeinsamkeiten Yoga und Bodybuilding

Vergleichbarkeit von Belastung und Häufigkeit

Yoga vom Einsteiger bis Yogalehrer

Grundsätzlich spielt es keine Rolle, auf welchem Niveau Yoga betrieben wird. Intensität und Häufigkeit nehmen mit Spaß, Engagement und Ambition zu.

Wer nur einmal die Woche Yoga macht, der bewegt sich stets an seiner Belastungsgrenze. Diese richtet sich hauptsächich an der Beweglichkeit aus. Wer nicht gerade den Körpertyp "Schlangenmensch" hat, wird viele Positionen nicht korrekt einnehmen können.
Ein positiver Nutzen für die körperliche Leistungsfähigkeit ist mangels Häufigkeit äußerst gering.

Merke

 Patienten erzählen häufig, dass sie einmal die Woche Yoga machen, um beweglicher zu werden.
Meine Antwort:
Sie müssen beweglich werden, um Yoga machen zu können!

Wer 2-3 mal die Woche Yoga betreibt, der wird sich sukzessive verbessern. Dadurch wird die Beweglichkeit besser und die verschiedenen Positionen können leichter und korrekt eingenommen werden.
Durch diese erhöhte Leistungsfähigkeit, werden meist immer neue und "schwierigere" Positionen für Fortgeschrittene eingebaut. Die Belastungsgrenze wird erhöht und ausgenutzt.

Der Yogi bzw. Yogalehrer macht in der Regel 6-7 mal die Woche Yoga. Die Belastungsgrenze ist hoch, wird aber nicht permanent ausgereizt.

Als Profi betreibt er eine aktive Steuerung der Belastung, um Regeneration und Trainingsreiz in Einklang zu halten. Die persönliche Yoga Einheit wird sich an der persönlichen Leistungsgrenze orientieren und entsprechend hoch sein.

Yoga Belastungsgrenze

Bodybuilding vom Einsteiger bis Profi

Ebenso wie beim Yoga trainiert jeder Bodybuilder stets nahe an seiner Belastungsgrenze. Man könnte das zum Beispiel mit dem Golf vergleichen. Der Golfer "arbeitet" an seinem Handicap und der Bodybuilder an der Wiederholungszahl oder Gewicht.

Der Bodybuilder verfolgt das Ziel, seinen Trainingserfolg zu sehen. Durch Trainingsreize erfolgter Muskelwachstum soll den Körper zu einem "Idealbild" formen.

Im Grunde tut das jeder Mensch, der Ausdauersport betreibt um abzunehmen. Der eine will Fett loswerden, der andere Muskeln aufbauen.

Die Belastungssteuerung, Ruhepausen und Trainingshäufigkeit werden bei ambitionierten Sportlern sehr schnell semiprofessionelles Niveau erreichen.

Um dem Idealbild nahe zu kommen, müssen alle Muskelgruppen intensiv bis an oder über die Belastungsgrenze trainiert werden. Dies lässt sich nur dadurch erreichen, dass man verschiedene Muskelgruppen auf verschiedene Trainingstage legt. Schnell ist man bei einem 6 tägigen Trainingssplit mit einem Ruhetag.

Merke

 Als Einsteiger ins Bodybuilding betrachtet man Sportler, die mindestens 2-3 mal die Woche trainieren.
Ähnlich wie beim Yoga wird ein  einmaliges Training in der Woche kaum nennenswerte Trainingserfolge in Form von Muskelwachstum bewirken.

Zwischen-Fazit: Yoga vs. Bodybuilding

Unterschiede zwischen Yoga und Bodybuilding mit Blick auf Häufigkeit und Belastungsreiz gibt es quasi nicht.

Ein einmaliger Trainingsreiz in der Woche wird sich immer an der Belastungsgrenze abspielen. Besser sollte man hier von einer Machbarkeitsgrenze sprechen. Gründe hierfür sind mangelnde Beweglichkeit, Kraft und ausbleibender Leistungsfortschritt.
Die Belastung ist eigentlich zu hoch, um korrekt und zielführend zu trainieren.

Im Fortgeschrittenbereich steht sowohl beim Bodybuilding als auch beim Yoga der Trainingsfortschritt im Vodergrund.
Obwohl unterschiedliche Ziele verfolgt werden, steigt in der Regel schnell die Häufigkeit des Trainings, Höhe des Trainingsforschrittes und das Ausreizen der Belastungsgrenze.

Yoga und Bodybuilding aus Therapeutensicht

Yoga und Bodybuilding aus Therapeutensicht

Wir haben gerade Yoga und Bodybuilding vom Einsteiger bis zum Profi betrachtet. Unser Blick richtete sich auf Häufigkeit, Trainingsreiz und Belastungsgrenze. Diesbezüglich gab es keine nennenswerte Unterschiede.

Der Fokus beider Sportarten bzw. Lebensstile, sind jedoch gravierend unterschiedlich. Kraft und Muskelmasse vs. Beweglichkeit und Konzentration.
Während der Bodybuilder Tonnen an Gewichten bewegt, bringt sich der Yogi in Körperpositionen, die den Otto Normalverbraucher eher an Zirkusnummern erinnern. Die Belastungen auf den Bewegungsapparat könnten scheinbar kaum unterschiedlicher sein.

Schauen wir uns im Folgenden an, was die tägliche Praxis dazu zeigt.

Yogi und Bodybuilder beim Therapeuten

In meiner Praxis behandle ich stetig Sportler beider Gruppen, die sich auf unterschiedlichstem Niveau bis zum Profi befinden.

Im Folgenden habe ich 4 Schwerpunkte aufgelistet, die typischerweise bei diesen Patienten vorzufinden sind.
Sie verteilen sich gleichermaßen auf Yogi und Bodybuilder. Eine Gewichtung auf das Trainingslevel läst sich ebensowenig ableiten. 

Schwerpunktbereiche von Yogi und Bodybuilder sind:

  1. 1
    Rücken- und Nackenschmerzen
  2. 2
    Gelenkschmerzen in Knie und Schulter
  3. 3
    Beckenbeschwerden (oft als Hüftschmerzen bezeichnet)
  4. 4
    Sprunggelenke

Was sofort ins Auge springt ist die Tatsache, dass sich diese Schmerzbereiche weder zwischen Yogi und Bodybuilder unterscheiden, noch von anderen Patienten.

Auch die mitgebrachten Diagnosen (i.d.R. vom Orthopäden) unterscheiden sich nicht. Sowohl dem Yogi als auch dem Bodybuilder werden am häufigsten Arthrose oder Überlastungserscheinungen (Sehnen, Bänder o.ä.) attestiert.

Genauso wie bei anderen Patienten, kann man diese Diagnosen meistens zur Seite legen und sich an die Therapie der wirklichen Schmerzursachen machen.
Machen wir uns also an die Arbeit und betrachten wir uns die wahren Ursachen.

Schmerzursachen bei Yoga und Bodybuilding

Auch wenn wir hier quasi David mit Goliath vergleichen, so haben die typischen Probleme der Beiden doch die gleiche Ursache:

VERKÜRZTE MUSKULATUR

Kann das wirklich wahr sein?

Ich glaube jeder könnte das spontan für den Bodybuilder in Erwägung ziehen. Wie sieht das aber beim Yogi aus?

Wieso kann jemand verkürzte Muskulatur haben, der quasi täglich Yoga macht?

So kompliziert sich die Frage auch anhört, so einfach ist die Antwort:

Merke

 Jede Bewegung oder Haltung baut Spannung in der Muskulatur auf.
Dehnt man nicht regelmässig, so bleibt Spannung im Muskel. Dadurch verkürzt er mit der Zeit.

Verkürzungen im Muskel lassen sich nur therapeutisch vollständig beseitigen.

Das Problem des Yogi kann folglich sein, dass er Yoga schon mit verkürzten Muskeln begonnen hat.
Deshalb kann er zwar seine Beweglichkeit stark verbessern, aber die ursprünglichen Verkürzungen im Muskel bleiben.

Prinzip der Muskelverkürzung

Stellen wir uns das Prinzip der Muskelverkürzung bildlich vor, um es besser zu verstehen.

Der Mensch hat Knochen, die durch Muskeln bewegt werden. Spannt sich ein Muskel an, wird ein Knochen bewegt.
Wenn wir den Muskel immer nur anspannen, selten aber dehnen, dann verliert er irgendwann die Fähigkeit sich zu dehnen.
Stattdessen wird er immer unbeweglicher und kürzer.

Vergleichen wir den Muskel mit einem Seil, bei dem ein Knoten die Muskelverkürzung darstellt. Das Seil wird durch den Knoten kürzer. Es wird auch nicht länger, wenn wir es an den Enden auseinanderziehen - der Knoten bleibt.

Prinzip Muskel Verkürzung

Im Bild sehen wir die Hand einmal mit normaler und einmal mit verkürzter Muskulatur.
Symbolisch ist die Muskulatur (Seil) in türkis eingezeichnet.

Auf der linken Seite sehen wir die Finger natürlich nach unten hängen. Die Muskulatur der Hand ist nicht verkürzt.

Auf der rechten Seite hängen die entspannten Finger nicht nach unten, sondern sind in Richtung Faust gekrümmt.
Die Beugemuskulatur der Finger ist verkürzt.

Der Mensch hat scheinbar viel zugepackt im Leben aber nur selten die Finger gedehnt. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Vorteil für den Yogi

Der Yogi hat einen großen Vorteil gegenüber dem Bodybuilder. Er dehnt seine komplette Muskulatur, während der Bodybuilder immer nur noch mehr Spannung in der Muskulatur aufbaut.

Der Yogi wird deshalb mit der Zeit immer beweglicher werden. Es bleibt dennoch ein Teil der ursprünglichen Verkürzung in der Muskulatur - quasi der Knoten.

Hat der Yogi schon in seinem früheren Leben immer regelmässig gedehnt, so wird er grundsätzlich wenig Probleme im Bewegungsapparat bekommen.

Potentieller Nachteil Bodybuilding

Eigentlich könnten Sie jetzt schon selbst den Nachteil des Bodybuilder beschreiben.

Das Ziel des Bodybuilder ist Muskelaufbau. Muskeln wachsen in Folge einer Anpassungsreaktion an eine Belastung.
Je mehr ich den Muskel beanspruche, um so mehr wird er sich durch Muskelwachstum anpassen.
Ein Mehr an Beanspruchung bedeutet aber auch ein Mehr an Spannung im Muskel.

Wichtig zu wissen:
Der Muskel passt sich nicht während des Trainings an, sondern in der Ruhe-/Anpassungsphase!

Warum ist es das so wichtig, wann der Muskel wächst?

Aus meiner Zeit als (Wettkampf-) Bodybuilder weiss ich, dass förmlich eine Angst vor Dehnungsübungen nach dem Training existiert. Sehr viele Sportler glauben, man würde sich den "Pump" und damit das Muskelwachstum "wegdehnen". Völliger Quatsch!

Der potentielle Nachteil des Bodybuilding besteht folglich nicht in der Wirkungsweise des Trainings, sondern in der fehlenden Dehnung zum Abschluß des Trainings!

Bringt auch der Bodybuilder keine Verkürzungen aus seinem früheren Leben mit, so gilt auch für Ihn:
ein "intelligent trainierender" Bodybuilder, der auch einen Fokus auf Dehnung und Beweglichkeit legt, wird nur wenige Probleme des Bewegungsapparates erwarten können.

Volker Horbach Videokurs

Fazit der Gemeinsamkeiten

Um den Kreis zu schließen könnte man sagen, es ist eine Frage des Geschmacks ob ich ins Veganer Restaurant gehe oder lieber ins Steakhouse.

Sowohl Bodybuilding als auch Yoga sind Sportarten, die grundsätzlich vergleichbar sind. Es gibt bei korrekter Technik selten Verletzungen, häufiger Gelenkprobleme aufgrund verkürzter Muskulatur.

Der Yogi bekommt in der Regel nur dann Probleme, wenn er Muskelverkürzungen in den Sport mitbringt.

Etwas anders sieht es beim Bodybuilder aus. Durch den erheblichen Spannungsaufbau im Training gibt es zwei kritische Faktoren:
- bereits vorhandene Muskelverkürzungen
- intensives Dehnen als Trainingschluss.

Das sollten Sie mitnehmen

Dehnungsübungen verhindern, dass sich Muskelverkürzungen bilden. Sie verbessern auch
die Beweglichkeit und können leichte Beschwerden lindern.
 
Vorhandene Muskelverkürzungen (Schmerzursachen!) müssen therapeutisch behandelt werden.

Tipp: 

Wenn Sie selbst etwas gegen Ihre Muskelverkürzungen tun möchten, dann können Sie in wenigen Minuten damit beginnen.

Erfahren Sie mehr über die Selbsttherapie Videokurse an, die alles andere sind als reine Bewegungsübungen.

 Hier gehts zu den Kursen:

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